Maria träumt

So lange wir leben, sind wir nicht am Ende

Meine Kritik zum aktuell laufenden, französischen Film Maria träumt, oder die Kunst des Neuanfangs mit Karin Viard und Grégory Gadebois in den Hauptrollen.

Filme nehmen mich immer mit. Ich bin ein sehr emotionaler Mensch und die Bilder haben direkten Zugang zu meinem emotionalen Bewusstsein. Und das lasse ich gerne geschehen. Wie Theo (Louis Garrel) in "Die Träumer" auf die Frage, warum die Freunde gemeinsam in der ersten Reihe sitzen, sagte: Nur hier sind die Bilder noch unverbraucht, weil niemand vor uns sitzt.

Ich bin auch schlecht in Filmtipps à la das ist ein Film für alle, denen Film XYZ gefallen hat. Weil ich, wenn ich in meinem Kinosessel sitze und zwischen mir und der Leinwand niemand sitzt, die Bilder ungefiltert in mein emotionales Zentrum durchscheinen. Ungefiltert und emotional. Ohne eine kritische Brille. Früher mit guten 24 Bildern pro Sekunde. 24 Bilder und unser Herz schlägt dabei nur ein einziges Mal. Wir sehen sie also fast gleichzeitig. Erst wenn man mal eine Filmrolle in der Hand hatte, und ich hatte, merkt man, wie langsam auf dem Film eine Bewegung passiert.

Nun Maria träumt im Kino

We are Poems

Maria ist eine schüchterne Frau, die beim Zähneputzen mit sich selbst spricht. Maria wohnt in einem kleinen Häuschen  mit der Nummer 97 außerhalb von Paris, es ist ein Stück zu fahren, in einem der vielen rotbestuhlten RER, die das Zentrum von Paris sternförmig verlassen und die ganzen gesichtslosen unsichtbaren Helferlein hinein und wieder heraus bringen. Maria ist eine von ihnen. Karin Viard spielt diese scheinbar einfache Rolle so liebevoll vielschichtig. Wie sie selbst sagt, sie ist unsichtbar, sieht aber selbst alles. Sagt man das eigentlich nicht immer von Gott? Der Film schafft in diesem Moment der unscheinbaren, blaubekittelten Maria ihren eigenen kleinen Olymp. Mit nur einem Satz. Das ist überhaupt einer der besonders schönen Momente des Filmes, in denen man merkt, mit welcher Sorgfalt Lauriane Escaffre und Yvo Muller das Drehbuch geschrieben haben. Maria, die unscheinbare Putzfrau sagt zum Hausmeister der Pariser Académie des Beaux-Arts, wir Haushaltshilfen und Putzfrauen sind es, die der Welt zu ihrer Schönheit verhelfen. In der Akademie. Unter den ganzen Künstlern.

Maria kann augenscheinlich keinen Brandteig zubereiten, weshalb ihr der Paris-Brest-Kuchen misslingt, den sie nur backt, um jemand eine Freude zu machen. Maria ist die Art Mensch, die man bittet die Fingernägel der verstorbenen Mutter zu lackieren und die man danach kündigt, weil man sie als Zugehfrau nun nicht mehr braucht. 

So gelangt sie zur Pariser Académie des Beaux-Arts. Ein Ort wie ein Katalysator, wie eine jener vertikalen und horizontalen realitätswandelnden Transfermaschinen, von denen eine Studentin im Film einmal spricht und wie sie das Kino ja selbst eine ist. Und in dieser Atmosphäre geschieht es, das Maria auf ein Aquarell ihrer selbst blickt und sagt: »Einerseits bin ich das, andererseits auch nicht« (Nur aus dem Gedächtnis wieder gegeben). Das ist für mich der schönste Moment des Films. Auch Narziss erblickte sich im Spiegel, aber wo sich der Jüngling der griechischen Mythologie nur in sich selbst verliebt, entdeckt Maria im verschwommenen Aquarell eine neue bunte Facette ihres Selbst. Und aus diesem Bild heraus entwickelt sich wie ein der Entwicklerschale eines Fotolabors das Bild einer anderen Frau – und wie sie zu dieser wird, das ist die Geschichte dieses Films.

We are Poems. Wir sind Gedichte. Es ist eine Installation von Kamel Mennour über dem Eingang zur Akademie und jeder kann sich, meiner Meinung nach selbst ein Bild davon machen, was diese Metapher für unser Leben bedeutet.

So lange wir leben, sind wir nicht am Ende. Und das gilt jeden Tag des Restes unseres Lebens. Jede Sekunde. Jeden einzelnen Herzschlag.

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Marc-André Lussier schrieb für die kanadische La Presse in Montreal, »Lauriane Escaffre und Yvo Muller haben offensichtlich nicht den Ehrgeiz, alles neu zu erfinden, aber Maria rêve ist einer dieser Filme voller Charme, die der Seele gut tun.« Für diese Filme habe ich eine eigene Kategorie, ich nenne sie Pflasterfilme. Wenn etwas weh tut, lege den Film drauf und es wird schon wieder gut.

So ist es hier auch. Putzfrauen sind Gott. Dieser Gedanke gefällt mir.

Der Film läuft derzeit im Cinema in Wuppertal-Barmen und in vielen anderen Kinos in Deutschland. Wer mehr über die Handlung des Filmes erfahren möchte, der wird auf der Website der Atlas Film gut bedient.  

Disclaimer: Die Eintrittskarten für den Film bekam ich von  meinem Kunden Atlas Film geschenkt. Um eine Filmkritik wurde ich nicht gebeten.  

tl, dr;

Meine Besprechung der derzeit laufenden französischen Filmkomödie "Maria träumt", oder die Kunst des Neuanfangs, mit Karin Viard und Grégory Gadebois in den Hauptrollen. 

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