Die geschlossene Épicerie in der Avenue du Puy in Pradelles - A vendre

Épicerie

Thomas Schürmann, 2016, Aquarell,
Schmincke Horadam, Rives Arches Grain Torchon,
Größe: 100 cm x 46 cm

Das im Februar 2016 gemalte Bild zeigt das geschlossene Lebensmittelgeschäft in der Avenue du Puy in Pradelles als großformatiges Schwarz-Weiß-Aquarell in Holzkohlengrau. Pradelles liegt nördlich des Flusses Allier im französischen Département Haute-Loire en région Auvergne-Rhône-Alpes.

Épicerie

A vendre

Robert Louis Stevenson wäre wahrscheinlich schon an diesem Lebensmittelgeschäft vorbeigelaufen, wenn es vor rund 150 Jahren schon existiert hätte. 2014 zeigte der deutsch-französische Fernsehsender Arte im Abendprogram eine Serie zu schönen Wanderwegen in Europa. An einem der Abende wurde der Stephenson-Weg in den französischen Cevennen vorgestellt.

Das letzte Mal war ich zwar 1999 eine mehr als 200 km lange Strecke gelaufen und noch nie alleine, aber ich war ziemlich schnell Feuer und Flamme, was auch daran gelegen haben mag, dass der Moderator und Autor der Folgen - Bradley Mayhew - eine charismatische Art hat, Menschen, Landschaft und Strecke vorzustellen.

Nach etwas Vorplanung bin ich im frühen Herbst 2015 den etwa 220 km langen Stephenson-Weg von Le Puy-en-Velay im Norden bis nach St-Jean-du-Gard im Süden gewandert. Robert Louis Stevenson, der Autor von Die Schatzinsel und Der seltsame Fall des Dr. Jekyll und Mr. Hyde, hat im Jahre 1878 achtundzwanzigjährig in etwa diesen Weg mit einem - in Le Puy erworbenen - Esel erwandert, um etwas über die Landschaft und die Geschichte der Protestanten-Verfolgung in dieser Gegend zu erfahren. Seine Reiseerlebnisse hat er in dem lesenswerten Buch Travels with a Donkey in the Cévennes (1879) (Eine Reise mit dem Esel durch die Cevennen) niedergeschrieben.

Der Wanderweg führt von einem sehr grünen Norden zur typischen Mittelmeerlandschaft der südlichen Gebirge Frankreichs durch eine sich von saft- zu blaugrün verfärbende Szenerie. Eine grüne, weitläufige Landschaft großer Ferne, gesäumt von verblichenen Ichs vormals lebendiger Ortschaften, was zugleich sehr traurig macht, aber für mich als Künstler visuell sehr interessant ist.

Auf Basis dieser Reise sind in le Puy-en-Velay, Pradelles, Le Monastier-sur-Gazeille und Langogne die Ideen zu bisher insgesamt 5 fertiggestellten Bildern entstanden.

Dabei habe ich auf unterschiedliche Weise versucht, diesen Verfall, diese Zerstörung durch ebenjenen unaufhaltsamen Verlauf der Zeit und den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandel auf dem Papier in zwei Dimensionen Raum zu geben. Beim Betrachten zeigt sich, dass Menschenwerk und lebendige Stadtkultur nur durch kontinuierliches Wirtschaften erhalten und immer wieder neubelebt werden können. Sonst vergegen Ladenfassaden, aufgetragene Lacke, Hölze und Tapeten, Gardinen im Laufe der Zeit zu dem Nichts, vor dem dann alle - meist die jungen Menschen - füchten. Das Aquarell balsamiert diesen Verfall in einer bleibenden Momentaufnahme ein.

Das Aquarell

Das Aquarell ist 105 cm x 46 cm groß und auf Rives Arches Grain Torchon Papier mit Schmincke Horadam Holzkohlengrau gemalt. Im Gegensatz zu den anderen Motiven dieser Serie hat es einen weniger geschlossenen und freieren Rand, das Motiv wirkt dadurch weniger abgegrenzt und öffnet sich zu allen Seiten.

Detailabbildungen

Die gezeigten Ausschnitte zeigen welche Tiefe und welchen Detailreichtum das Aquarell aufweist. Die hier gezeigten Digitalisierungen leider können nur ansatzweise die Tiefe und Weite des Bildes wiedergeben.

Balkon über der Allier

Pradelles

Die älteste Erwähnung Pradelles geht auf den Januar 965 zurück. Vor 1054 Jahren (von 2019 an gerechnet) wird dieses kleine Örtchen, auf einem Hügel nördlich des Flusses Allier gelegen, zum erst Mal auf einer Karte erwähnt. Der Ort wird von der großen Marienfigur auf Notre Dames de Pradelles dominiert. Auf dem Stephenson-Weg erreicht man den Ort von Norden und er erweist sich als wahrer architektonische Manifestation Stephensonscher Romantitel, ist er doch zur Hälfte hässlich und zur anderen Hälfte schön und ansehnlich, wie Jekyll und Hyde. Es gibt auch heute noch ein Lebensmittelgeschäft und in der Brasserie du Musée kann man gut übernachten und speisen.

Trivia

Das Dorf Pradelles ist von einem Netz unterirdischer Tunnel umgeben, die vom Herzen des Dorfes aus zu mehreren Orten jenseits der historischen Einfriedung führen. Es erlaubte den Dorfbewohnern, das Dorf im Mittelalter ohne Wissen der Angreifer zu verlassen. Leider sind die meisten von ihnen zusammengebrochen oder die Eingänge wurden aus Sicherheitsgründen bewusst blockiert.  (Quelle: Wikipedia)