Die Jenny Lind Melone

Honig- oder Ananasmelone Cucumis melo »Jenny Lind« - Pflanzen nach berühmten Personen zu benennen, hat eine lange Tradition.

Zusammenfassung meiner Recherchen zur Provenienz der Melone Jenny Lind, benannt nach der schwedischen Sängerin und Sopranistin des 19. Jahrhunderts, Jenny Lind.

Auf Twitter machte mich Ende April @foolforfood_de auf den interessanten Umstand aufmerksam, dass es eine Jenny Lind Melonensorte gibt: die turbanförmige, grobgenetzte Cucumis melo 'Jenny Lind'.

Jenny Lind ist eine meiner Leidenschaftspersonen hier im Blog und ich beschloss, dem Ort und Zeitpunkt der Benennung auf die Spur zu gehen. Handelt es sich um eine europäische Benennung, die in die USA exportiert wurde, oder verlieh man der Melone ihren Namen in den Vereinigten Staaten?

  • Wann könnte das passiert sein? 
  • Wie nahe kann ich mit meinen Recherchemethoden einem Ergebnis kommen?
  • In welchen Archiven bin ich fündig geworden?
  • Zu welchem Ergebnis bin ich gekommen?

Ein zusätzliches, für mich so unerwartet wie sehr schönes Ergebnis ist, dass ich sowohl im französischen Staatsarchiv, als auch im Archiv der Kongressbibliothek interessante, teils bebilderte historische Samen- und Pflanzenkataloge gefunden habe. Diese sind vielleicht für Liebhaber alter Sorten oder einfach so, für die eine oder den anderen interessant zu lesen oder zu betrachten. Links in den Quellen unten.

Ja, es handelt sich nur um eine Melone. Nicht mal eine besonders große. Aber der Name erinnert an eine große Persönlichkeit, und wie sagt es Dolores in Westworld II:

Dolores Abernathy

Du lebst, so lange sich jemand an Dich erinnert.

Quelle: Dolores aka Evan Rachel Wood, Westworld II

Pflanzenberühmtheiten

Botanische Verewigung von Personen

Mit etwas Abstand zu dem Tweet von @foolforfood_de Ende April betrachtet, ist die Benennung von Pflanzen nach Berühmtheiten auch heute nichts Besonderes. Besonders Rosen sind beliebt, das dürfte auch daran liegen, dass gerade Rosen noch viel gezüchtet werden und Rosen eine im wörtlichen Sinne prominente Pflanze im Ziergarten darstellen. Es gibt die Rose Barbra Streisand, Brigitte Bardot, Van Gogh, Rosamunde Pilcher, Gary Grant etc. Zu großen Zeit der Pflanzenneuentdeckungen, vom 16. bis Ende des 19. Jahrhunderts, war es jedenfalls übliche Praxis, bekannte Persönlichkeiten oder ruhmreiche botanische Berufskollegen mit der Benennung einer Pflanze zu ehren. Wie zum Beispiel bei der in vielen Gärten heimischen Tulpenmagnolie, die der Paulaner-Mönch Charles Plumier nach dem französischen Botaniker Pierre Magnol benannte. Heute trägt eine ganze Gattung diesen Namen. Die Benennung von Pflanzen nach Prominenten ist die Möglichkeit die Person im Namen der Pflanze zu verewigen. Bei Magnol, bei vielen anderen Pflanzen ist das nur noch ausgewiesenen Experten bekannt, bei anderen, siehe die Rosen oben, ist es offensichtlich.

Lind als Amina in La sonnambula. Quelle: Wikipedia
Lind als Amina in La sonnambula. Quelle: Wikipedia
Frühes Fandom

Jenny Linds Berühmtheit und die Auswüchse

Emil Berliner

Emil Berliner (in den USA nannte er sich Emile Berliner; wurde am 20. Mai 1851 in Hannover geboren. Er starb im Alter von 78 Jahren am 3. August 1929 in Washington, D.C. Berliner gilt als Erfinder der Schallplatte und des Grammophons. Zwischen 1881 und 1883 besuchte Emil Berliner Hannover. Dort gründete er mit seinem Bruder Joseph Berliner die erste europäische Gesellschaft zur Produktion von Telefonteilen, die J. Berliner Telephongesellschaft. 1887 meldete er ein Patent auf einen scheibenförmigen Tonträger an, in den von außen nach innen schneckenförmig und in Seitenschrift eine Rille geritzt und so die Schwingungen der Aufnahme-Membran analog konserviert wurden. Bestandteil des Patents war auch ein Aufnahme- und Abspielgerät, das ursprüngliche Grammophon. Das war die Erfindung der Schallplatte, wie Berliner die Scheibe in seiner Muttersprache nannte.

Quelle: Emil Berliner, Wikipedia

Ich wusste vor Ende April 2021 nicht, dass es eine nach der schwedischen Sängerin Jenny Lind benannte Melonensorte gibt. Jenny Lind ist so etwas wie eine Leidenschaft von mir geworden, ich habe diese interessante Berühmtheit, diesen ersten wirklichen weiblichen Weltstar des 19. Jahrhunderts bei meinen Recherchen zu P.T. Barnums Kuriositätenkabinett entdeckt.

Jenny Lind

Jenny Lind war eine1820 in Schweden geborene Sopransängerin, die noch vor Nellie Melba mit ihrer Stimme in einer sehr kurzen Zeit sehr brühmt wurde. Nur knapp zwölf Jahre dauerte es in Europa, bis sie so berühmt war, dass zahlreiche Komponisten für sie komponierten, Autoren für sie und an sie Geschichten schrieben, ihr anhimmelnd zu Füßen lagen. Schließlich machte sie auf Einladung des späteren Zirkuskönigs P.T. Barnum eine umjubelte zweijährige Rundreise auf dem nordamerikanischen Kontinent, verdiente ein Vermögen und spendete das Meiste davon an wohltätige Zwecke. Sie verstarb am 2. November 1887 im englischen Badekurort Malvern in der Grafschaft Worchestershire in England.

Die Zeit der Stille

Man darf bei Überlegungen zu Jenny Linds Berühmtheit in den 1840ern in Europa, und etwas später (ab 1849 in den USA) niemals vergessen, dass es etwas ganz Wichtiges zu dieser Zeit nicht gab. Es gab kein Fernsehen, aber es gab auch noch keinen Film. Erst 1893 präsentierte der Erfinder Thomas Alva Edison das von seinem Chefingenieur William Kennedy Laurie Dickson entwickelte Kinetoskop – einen Schaukasten, in dem jeweils eine Person kurze Filme betrachten konnte.

Aber auch das Radio war noch nicht erfunden, erst 1877 stellte eben jener amerikanische Erfinder Thomas Alva Edison ein rein mechanisch arbeitendes Aufzeichnungsgerät vor, den Zinnfolienphonographen. Und erst im Jahre von Jenny Linds Tod, 1887 erfand der Hannoveraner Emil Berliner das Grammophon.

Es gab im gesamten Europa, auf der ganzen Welt keine Tonaufnahmen. Also auch keine Tonaufnahmen von Jenny Lind, und so ist es bis heute. Und vielleicht ist es dieser Umstand, der die Sängerin so viel größer, ihre Stimme so viel klangvoller und schöner scheinen lässt.

Die Menschen im 19. Jahrhundert vertrauten auf die Berichte, die die Zeitungen schrieben. Und aus Schweden kam in den 40er Jahren Kunde, ein neuer Star wäre am Opernhimmel geboren. Nur über diese euphorische Art der medialen Vermittlung, nur so ist in meinen Augen die Begeisterung in Europa und die Hysterie in den USA zu verstehen, als Jenny Lind 1850 zu ihrer berühmten Gesangsreise angekündigt wurde. Wer mehr dazu lesen möchte auf den Teaser klicken.

Was hat das mit der Benennung der Melone zu tun?

Ich habe recherchiert, dass Jenny Lind in amerikanischen Zeitungen um 1845 erstmalig erwähnt wurde. Danach steigt die Trefferzahl bei der Suche nach ihrem Namen im amerikanischen Kongressarchiv ständig an. Es ist also möglich, dass die Melone in den USA ihren Namen erhielt, aber wenn die Zeitungen sie vor '45 nicht erwähnten, wie konnte dann jemand eine Melone nach ihr benennen? Ist es also vielleicht genau so wahrscheinlich, dass die Samen von Europa aus exportiert wurden?

Melonen sind Beeren

Eine kurze Geschichte der Melonen

Als Melonen werden saftreiche Früchte von Kürbisgewächsen bezeichnet. Der Name stammt von griechischen Kurzform melo für m?lopép?n Apfelmelone oder reifer Apfel. Unterschieden werden Wassermelonen (Citrullus lanatus) und Zuckermelonen (Cucumis melo), die enger mit den Gurken verwandt sind.

Die Melonen haben ihren Ursprung in Afrika und in den heißen Tälern Südwestasiens, hauptsächlich dem Iran und Indien. Von dort gelangten sie gegen Ende des römischen Reiches nach Europa. Jüngste Entdeckungen zeigen, dass die Melone vielleicht schon während der Bronzezeit nach Europa kam. Bereits 1494 wurden Melonen in Haiti angebaut, die Columbus mitgebracht hatte. In den späteren USA wurden ab 16oo Honigtau- und Casaba-Melonen angebaut. Im französischen Cavaillon taucht die Melone erstmals in Schriften des Stadtarchivs um 1495 auf. Melonen finden sich in der Folge in vielen Dokumenten rund um Cavaillon, Ende des 19. Jahrhunderts nahm die Melone von Cavaillon einen richtigen Aufschwung.

Jenny Lind Melonen

Cantaloupe-Melonen und andere

Die Jenny Lind Melone ist eine klassische Cantaloup-Melone, auch Zuckermelone oder Warzenmelone genannt. Sie weist an der Außenseite eine charakteristische warzenartige Struktur auf. In der Regel ist das Fruchtfleisch orange, so soll es auch bei der Sorte Golden Jenny Melon sein. Diese verfügt über ausgeprägte Rippen, eher mehr wie ein Kürbis oder ein Turban ausschauend, obwohl sie näher mit der Gurke verwandt ist.

Cucumis melo Jenny Lind hingegen hat eine ähnliche Form, aber grünes süßes Fruchtfleisch. Laut Aussage eines Samenhändlers werden die Früchte etwa 800 Gramm schwer, sind genetzt. Zur Reifung benötigen Sie 75-85 Tage.

Ab 1840 bekannt

Die Geschichte der Jenny Lind Melone in den USA

Sowohl die Verpackung von Rareseeds (Link) als auch das Video von Rareseeds nennt als Zeitpunkt für die Benennung das Jahr 1840. Netterweise hat mir Rareseeds noch auf meinen Youtube-Kommentar geschrieben, dass ihrer Meinung nach die Jenny Lind Melone auf einer armenischen Melone beruht, vielleicht eine Züchtung aus ihr ist. ("It's a bit of a mystery on the exact origins. But it's thought to have been derived from an Armenian melon.", Rareseeds).

Laut meinen Recherchen in amerikanischen Zeitungsarchiven, kannten die heute durchsuchbaren archivierten lokalen Medien in den USA Jenny Lind zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Im Jahre 1840 war Jenny Lind gerade einmal 20 Jahre alt, sie lebte noch in Stockholm, Schweden und sang dort an der Oper. Ihr Ruhm hatte sich schon etwas herumgesprochen, aber erst 1841 reiste sie nach Paris. Das Video von Rareseeds schreibt die Entdeckung des Ursprungs William Woys Weaver zu, einem Farmer und Gemüseanbauer und Samensammler aus Pennsylvania. Er verfügt heute über die größte private Samensammlung der USA. Er sagt, die Jenny Lind Melone tauchte zum ersten Mal 1846 auf einem Markt in Philadelphia auf. Seiner Aussage zu Folge wurde sie aus der Center Melone entwickelt, einer amerikanischen Varietät von vor 1840.

Wie kam es zur Namensgebung?

Ich habe im amerikanischen Nationalarchiv recherchiert, die früheste Erwähnung von Jenny Lind in einem Artikel ist in The New York Herald vom 17. April 1845 (Link). Es ist möglicherweise eine Reaktion auf Jenny Linds Auftritt in Giacomo Meyerbeers Oper Ein Feldlager in Schlesien vom 5. Januar 1845. Zumindest nach meiner Suche wird sie davor in den durchsuchbaren Medien im Nationalarchiv nicht erwähnt.

Nachrichten wurden zu dieser Zeit mit dem Schiff transportiert. Viel später erst, im Juli 1866, verlegte das Kabelschiff SS Great Eastern die erste beständige Telegrafenleitung durch den Atlantik. Am 28. Juli nahm die Kabelverbindung zwischen dem neufundländischen St. Johns und der irischen Insel Valentia erst ihren Betrieb auf. Es dauerte in den 40ern des 19. Jahrhunderts also relativ lange, bis Nachrichten vom europäischen Kontinent den amerikanischen erreichten.

1846 dürfte Jenny Lind schon deutlich bekannter geworden sein, zumindest war sie es in Europa, die bemerkenswerte Jenny Lind Mania setzte erst mit Ihrer Reise in die USA ein, das war aber erst 1850.

War sie zwischen 1840 und 1846 in den USA schon so berühmt, dass eine Melone nach ihr benannt wurde?

Was habe ich noch gefunden?

Im amerikanischen Nationalarchiv konnte ich eine Ausgabe der periodischen Zeitschrift Garden und Forest finden, von 1888. Diese Zeitschrift wurde von dem nordamerikanischen Botaniker Charles Sprague Sargent von 1841-1927 herausgegeben (Link, S. 154). In Band 3 schreibt der Autor Dr. Robert P. Harris für die Pennsylvania Horticultural Society über die Cantaloupe auf Seite 153, "This Centre Melon was the progenitor of the Jenny Lind variety named about 1846, but where it came from no one now appears to know." (Damit meint der die Centre Melon, Anm. d. Verf.) Später schreibt er noch über Hybridzüchtungen aus Gurken und Melonen:

Dr. Robert P. Harris

I have seen such, between a Cucumber and a Jenny Lind melon, which was a decided curiosity. (...) The long Banana Cantaloupe makes a curiuos hybrid with the Jenny Lind, the product being oval, yellow, almost free from netting, very fragrant and salmon-freshed; it has a better flavour as the former, but is quite inferior to the latter.

Quelle: Dr. Robert P. Harris, Garden and Forest, A Journal of Hortculture, Landscape Art and Forestry, Volume III, 1890, Seite 154

Damit hatte ich meine Suche in amerikanischen Archiven, so sie mir bekannt sind, abgeschlossen. Wie aber sah es in Frankreich, dem europäischen Heimatland der Melone aus?

Les plantes potagéres, description et culture des principaux légumes des climat tempérés der Getreide- und Saatguthändler Vilmorin-Andrieux e Cie, Marchand Grainiers
Les plantes potagéres, description et culture des principaux légumes des climat tempérés der Getreide- und Saatguthändler Vilmorin-Andrieux e Cie, Marchand Grainiers / Link : https://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k9641303z/f358.image.r=Jenny%20Lind
Suche in Frankreich

Paris, Quai de la Mégisserie 4, 1883

Vilmorins Blumengärtnerei und Samenhandel

Die Anfänge der Familie und Firma Vilmorin führen nach Paris an den Quai de la Mégisserie Nr 4, wo 1743 Claude Geoffroy, als Erbin ihrer Mutter Jeanne Diffetot, der Witwe von Pierre Geoffroy, Inhaberin einer Samenhandlung wurde (Maîtresse grainière). Die Samenhändler hießen im 18. Jahrhundert grainier bzw. grainiére und waren in Paris zu einer Gilde zusammengeschlossen. Noch heute befindet sich ein Geschäft Vilmorin an derselben Stelle, wo bereits 1743 das Geschäft gewesen ist. Der älteste bekannte gedruckte Katalog stammt aus dem Jahre 1766.

Quelle: Clemens Alexander Wimmer: Zur Geschichte von Vilmorins „Blumengärtnerei“

Nach der oben genannten Fundstelle in einem amerikanischen Archiv bin ich etwas verunsichert. Das Wann scheint belegt zu sein, aus dem oben Aufgeschriebenen. Die Quelle der Benennung, der Ort ist unklar. Wo die Melone ihren Namen erhielt, niemand weiß es.

Allerdings bin ich im französischen Nationalarchiv fündig geworden. Im Buch Les plantes potagéres, description et culture des principaux légumes des climat tempérés der Getreide- und Saatguthändler Vilmorin-Andrieux e Cie, Marchand Grainiers habe ich diese Fundstelle ausgemacht. Sie ist von 1890. Es ist die älteste, die ich auf der Archivplattform Gallica ausmachen konnte:

MELON ANANAS D'AMÉRIQUE A CHAIR VERTE. 

SYNONYMES : Melon citron, M. citron vert, M. citron â chair verte, M. citron d'Amérique, M. de poche â chair verte, M. de la Louisiane.  Noms ÉTRANGERS : ANGL. Jersey green citron melon, Green nutmeg M.; (Am.) Pine-apple M., Jenny Lind Musk M. All. Ananas oder Carolina Melone. 

La principale différence entre cette variété et la précédente consiste dans la couleur de la chair, qui est d'un vert pâle, avec une nuance jaunâtre au voisinage des graines. Le feuillage est aussi un peu plus ample et d'une teinte un peu plus blonde; la végétation de la plante est plus soutenue, et la surface du fruit un peu plus brodée à la maturité. 

Les melons ananas d'Amérique peuvent aisément porter et développer sis it huit fruits par pied. 

Quelle: Vilmorin-Andrieux e Cie, Marchand Grainiers (Saatgut, Getreidehändler): Les plantes potagéres, description et culture des principaux légumes des climat tempérés, Paris, Quai de la Mégisserie 4, 1883 


Übersetzung: 

ANANASMELONE MIT GRÜNEM FRUCHTFLEISCH. 

SYNONYME: Zitronenmelone, Limonenmelone, grünfleischige Zitronenmelone, amerikanische Zitronenmelone, grünfleischige Taschenmelone, Louisiana-Melone. AUSLÄNDISCHE NAMEN: ENGLAND Jersey green lemon melon, Green nutmeg M.; (Am.) Pine-apple M., Jenny Lind Musk M. Alle. Ananas oder Carolina Melone. 

Der Hauptunterschied zwischen dieser und der vorhergehenden Sorte besteht in der Farbe des Fruchtfleisches, das blassgrün ist und in der Nähe der Samen einen gelblichen Schimmer hat. Auch das Laub ist etwas voller und von etwas hellerem Farbton; der Wuchs der Pflanze ist nachhaltiger und die Oberfläche der Früchte bei Reife etwas mehr bestickt.

Ananasmelonen aus Amerika können problemlos acht Früchte pro Pflanze tragen und entwickeln.

Quelle: Vilmorin-Andrieux e Cie, Marchand Grainiers (Saatgut, Getreidehändler): Les plantes potagéres, description et culture des principaux légumes des climat tempérés, Paris, Quai de la Mégisserie 4, 1883, Übersetzung durch den Verfasser

Ich persönlich finde das spannend. Vor allem auf den zweiten Blick (ca. 2 Wochen nach meiner ersten Recherche). 1883 wurde in Paris eine Melonensorte in ein Pflanzenverzeichnis eingetragen und zwei der alternativen Bezeichnungen lauten auf Staaten im nordamerikanische Kontinent: Carolina und Louisiana.

Wie schrieb es noch William Woys Weaver weiter oben: Er behauptet, die Jenny Lind Melone tauchte zum ersten Mal 1846 auf einem Markt in Philadelphia, Pennsylvanis auf. Das ist 2000 km von Louisiana entfernt, aber nur ca. 500 km von North Carolina.

Ungeklärte Provenienz

Was schreiben die Händler?

Pflanzenraritäten Manfred Hans schreibt auf seiner Seite: "Eine uralte Französische Honigmelone und nach einer schwedischen Opernsängerin benannt."

Hingegen schreibt Bio-Saatgut, die Melone sei eine alte Ursorte von vor 1850 aus Armenien.

Prairie Flora Greenhouse schreibt, dass diese Varität auch als Shipper's Delight und als Jersey Button Melone bekannt sei.

Das finde ich interessant.

Denn für die Jersey Button Melon habe ich dann, nach nochmaliger Suche, noch einen einzigen weiteren historischen Treffer gefunden, in Burpee's seeds that grow for 1904 : Wholesale Prices for Market Gardeners, Florists, and Farmers, only who buy to sell again. Das ist ein sehenswerter Katalog, da er auch zum Durchblättern auf Archive.org zur Verfügung steht. (Link)

Zumindest findet sich ab Seite 68 eine ganze Sammlung von Melonensamen, und auf Seite 72 und 73 gibt es 2 schöne Treffer: Die Early Jenny Lind und die Burpee's Jersey Button Melon, eine Variante mit höherer Auslastung, wenn ich es richtig verstehe.

Aber auch in deutschen Verzeichnissen wird sie bereits 1863 aufgeführt nämlich in Ernst Benarys Verzeichnis für das Jahr 1863 der Gemüse-, Feld-, Gras, Wald- und Blumensämereien. (Link)

Dort steht Jenny Lind, als Fruchtgemüse, Traditionssorte, Amateursorte.

Burpee's Farm Annual 1904 Burpee's seeds that grow!
Burpee's Farm Annual 1904 Burpee's seeds that grow! / Link : https://archive.org/details/CAT31286485/page/72/mode/2up
Was ist wahrscheinlicher?

Der Import der Sorte in die USA oder der Reimport der Sorte nach Europa?

Um 1845/46 war Jenny Lind in den USA noch nicht so bekannt, wie ein paar Jahre später nach ihrem Besuch in den Jahren 1850 bis 1852. Wie wahrscheinlich ist eine Benennung in den Staaten unter diesen Umständen, mit einer ersten Medienerwähnung erst im Jahre 1845. Haben vielleicht europäische Einwanderer die Melonenzucht in den Süden der Vereinigten Staaten gebracht? Zumindest für den Sklavenhandel ist eine Beziehung zur Geschichte der Melone angedeutet, denn durch den Sklaven- und Menschenhandel kamen auch Melonen in die USA.

Die Universität von Missouri (Link) schreibt, dass die Melone eine lange Geschichte hat: Für Florida wird der Anbau bereits für das Jahr 1576 bestätigt, und für Massachusetts für 1629. Sogar Thomas Jefferson soll auf seinem Landgut in Monticello, Virginia (Fertigstellung 1809) Melonen angebaut haben, und für Ureinwohner Amerikas wird ein Anbau von Melonen für das Flusstal des Mississippi bis nach Florida erwähnt. Es ist also doch nicht so unwahrscheinlich, dass ein Jenny Lind Fan in den USA der Melone ihren Namen gab.

Fazit

Alle Zeichen deuten darauf hin, und die Quellen, die ich gefunden habe, scheinen es zu bestätigen, die Jenny Lind Melone erhielt ihren Namen im Süden der Vereinigten Staaten von Amerika. Wahrscheinlich beruht sie auf der Center Melone, ist möglicherweise armenischen Ursprungs. Die neue Sorte gelangte wieder zurück nach Europa, zumindest in einem französischen und einem deutschen Pflanzenverzeichnis habe dafür Belege gefunden.

Und wie schmeckt sie nun?

Die Jenny Lind Melone im Garten

Weitere Recherchen zu Jenny Lind

Interessiert Dich das Thema Jenny Lind? Weitere Artikel findest Du im Blog unter der Kategorie Jenny Lind. In meinem Jardin Intérieur führe ich die Recherche zu dieser interessanten Persönlichkeit des 19. Jahrhunderts auf der Seite Jenny Lind Recherche weiter. 

Um die erste Frage zu beantworten: Keine Ahnung. Die Samen habe ich vor 1 Woche und 2 Tagen bestellt und sie sind immer noch nicht da. Sie soll schnell wachsen und wenn es doch mal etwas wird, mit dem Wetter in diesem Jahr, dann werde ich es einmal probieren. Ich werde sie aussäen und sehen, ob ich sie über den Sommer zur Reife bringe. Dem Wetter käme die kurze Reifezeit entgegen, der Frühling verspricht ja nicht sehr viel, in diesem Jahr.

Dann werde ich fotografieren und an dieser Stelle berichten.

Danke für das Lesen und das Du es bis hierhin geschafft hast!

tl, dr;

Die Jenny Lind Melone erhielt ihren Namen wahrscheinlich im Süden der Vereinigten Staaten von Amerika. Wahrscheinlich beruht sie auf der Center Melone, ist möglicherweise armenischen Ursprungs. Die neue Sorte gelangte relativ schnell wieder zurück nach Europa, zumindest in einem französischen und einem deutschen Pflanzenverzeichnis habe dafür Belege gefunden.

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